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AcU-Newsletter 01/2020 (Juni 2020)

Im Interview

Bundeskommission der Caritas fasst Beschluss zum Ärztetarif

Interview mit Werner Hemmes, Geschäftsführer Barmherzige Brüder Trier gGmbH, Koblenz; Vorstandsmitglied der AcU, Sprecher des AcU-Tarifausschusses, Mitglied der Bundeskommission (BK)
 

Herr Hemmes, was sind aus AcU-Sicht die wichtigsten Eckdaten des Beschlusses?
Die Bundeskommission (BK) hat in ihrer Sitzung am 18.06.2020 einen Beschluss zur Tarifrunde der Ärzte mit folgenden Kerninhalten gefasst: Zum 01.01.2020 erfolgt in einem Schritt die Umsetzung der linearen Erhöhungen. Zu diesem Zeitpunkt steigen die Tabellenentgelte, die Bereitschaftsdienstvergütung sowie der Einsatzzuschlag im Rettungsdienst um 6,64 %.

Die Tarifeinigung für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern, die zwischen der VKA und dem Marburger Bund getroffen wurde, sah dagegen drei Erhöhungsschritte vor. Mit der Erhöhung der Tarifsteigerungen in einem Schritt zum 01.01.2020 hat die BK die Vergütungen der Ärzte im Bereich der Caritas im Jahr 2020 2 % höher als z. B. in den kommunalen Krankenhäusern vereinbart. 

Die organisatorischen bzw. strukturellen Bestandteile des Beschlusses (Regelungen zu opt-out, zur Arbeitszeitdokumentation, zum Abstand von Schichtdiensten, zu den "Sandwichdiensten", zur Begrenzung der Bereitschaftsdienste, zum verbindlichen Dienstplan einen Monat vor Planungszeitraum sowie zu freien Wochenenden) treten zum 01.01.2021 in Kraft. Für diese zeitliche Verschiebung erhalten Ärzte, die im Kalendermonat Januar 2021 an mindestens einem Tag in einem Dienstverhältnis zu ihrem Dienstgeber stehen, eine Einmalzahlung in Höhe von 700,- EUR (mittlerer Wert).

Die Einmalzahlung in Höhe von 700,- EUR im Januar 2021 dient somit dem finanziellen Ausgleich für diese zeitliche Verzögerung dieser organisatorischen Regelungen.

Ganz besonders zu erwähnen gilt die Sonderregelung für kleine Fachabteilungen hinsichtlich der Begrenzung der im Durchschnitt zu leistenden Bereitschaftsdienste. Hierfür hat sich der Tarifausschuss der AcU besonders stark gemacht. Kleine Organisationseinheiten sind definiert als Abteilungen mit maximal sieben am Bereitschaftsdienst teilnehmenden Ärzten (Vollkräfte), die unter direkter Leitung einer Chefärztin/eines Chefarztes oder einer leitenden Ärztin/eines leitenden Arztes stehen und in denen fachlich zwingend ein eigener Bereitschaftsdienst organisiert werden muss. Hierunter fallen nicht fachbereichsübergreifende Dienste und keine Dienste sogenannter Bereitschaftsdienstpools.  

Für kleine Fachabteilungen kann die Zahl der vier Bereitschaftsdienste auf maximal sieben Dienste pro Monat erhöht werden. Darüberhinausgehende Bereitschaftsdienste sind nur zu leisten, wenn andernfalls eine Gefährdung der Patientensicherheit droht. Bei mehr als vier Bereitschaftsdiensten im Kalendermonat erhöht sich der Zuschlag für jede darüber hinaus geleistete Bereitschaftsdienststunde um 5,0 Prozentpunkte. Die Ärztinnen und Ärzte, die innerhalb eines Kalenderhalbjahres monatlich im Durchschnitt mehr als vier Bereitschaftsdienste leisten, erhalten zusätzlich pro Kalenderhalbjahr einen Tag Zusatzurlaub; die Höchsturlaubstage nach § 17 Absatz 5 erhöhen sich jeweils um zwei Tage.

Die Ausnahmeregelung für kleine Fachabteilungen ist bis zum 31.03.2022 befristet. Um von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen, muss eine Dienstvereinbarung abgeschlossen werden.

Wie bewerten Sie diesen Beschluss?
Bei diesem Beschluss handelt es sich um einen echten Kompromiss. Die Interessen beider Parteien haben Berücksichtigung gefunden. Die Mitarbeiterseite der Caritas hat in Anlehnung an die Forderungen des Marburger Bundes mit ihren Forderungen den Fokus schwerpunktmäßig auf die Gestaltung der Arbeitszeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit sowie Familie gelegt. Für uns Dienstgeber standen u. a. die strukturellen Bereitschaftsdienstregelungen im Vordergrund. Positiv zu bewerten ist aus meiner Sicht, dass es zu keiner klassischen 1 zu 1 Übernahme des Tarifabschlusses des öffentlichen Dienstes gekommen ist, weil wir in unseren Krankenhäusern eine andere Organisationsstruktur als der öffentliche Dienst haben und es sich in vielen Fällen um kleinere Einrichtungen handelt. Die Kommission hat die Chance genutzt und eigene caritasspezifische Komponenten - wie die Sonderregelung für die kleinen Fachabteilungen - vereinbart. Die Verschiebung der organisatorischen Bestandteile des Beschlusses zu den Bereitschaftsdienstregelungen auf den 01.01.2021 sind ebenfalls positiv zu sehen und sind letztlich den Belastungen der Coronakrise geschuldet. Es ist gut, für diese organisatorischen Herausforderungen ein halbes Jahr an Vorbereitungszeit zu haben. Die Zeit gilt es, nunmehr jedoch zu nutzen.

Wie wird sich der Beschluss auf die caritativen Unternehmen auswirken?
In wirtschaftlicher Hinsicht stellt der Beschluss die caritativen Einrichtungen vor große Herausforderungen. Die linearen Vergütungserhöhungen der drei Jahre (2019, 2020, 2021) werden rückwirkend zum 01. Januar 2020 auf einen Zeitpunkt fixiert. Trotz kaufmännischer Vorsicht dürfte diese Größenordnung in der Wirtschaftsplanung der Einrichtung in dieser Größenordnung nur selten Berücksichtigung gefunden haben. Die Gesamtkosten für den Tarifabschluss liegen für das Jahr 2020 über der linearen Erhöhung von 6,6 %. Die Kostenbelastung berücksichtigt nämlich neben der linearen Erhöhung der Vergütung von 6,6 % auch Teile der zusätzlichen Bereitschaftsdienstkosten. Die Sondereffekte, die sich beispielsweise aus der Arbeitszeitdokumentation, der Dienstplangestaltung usw. ergeben können, müssen die Einrichtungen in der Wirtschaftsplanung für das Jahr 2021 berücksichtigen. 

Der Tarifabschluss ist jedoch auch eine Chance für die caritativen Unternehmen im Hinblick auf Personalgewinnung und -marketing. Die Unternehmen bieten nunmehr eine attraktive Vergütung mit flexiblen Bereitschaftsdienstregelungen an, die der gesellschaftlichen Forderung nach Arbeitszeitverbesserungen im Sinne besserer Vereinbarkeit von Beruf und Familie Rechnung trägt.

Der Tarifabschluss hat gezeigt, dass die Kommission zu eigenen inhaltlichen Beschlüssen fähig und bereit ist. Dies stimmt mich für die Zukunft positiv.


Wir danken Herrn Werner Hemmes für dieses Interview!  

In eigener Sache

Nachwahl AcU-Vorstand

Bei der Mitgliederversammlung der AcU am 26.05.2020 fand die Nachwahl in den AcU-Vorstand statt. Einstimmig wählten die AcU-Mitglieder Herrn Andreas Barthold und Herrn Dr. Matthias Scholz in den AcU-Vorstand. Im Anschluss wählte der Vorstand in seiner konstituierenden Sitzung Dr. Matthias Scholz zum Vorstandsvorsitzenden. Die Liste aller Vorstandsmitglieder der AcU finden Sie auf unserer Homepage.

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