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AcU-Newsletter 03/2021 (November 2021)

Im Interview

Zukunftsfähigkeit des Dritten Weges

Interview mit Andreas Franken, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft caritativer Unternehmen (AcU), Mitglied im Leitungsausschuss der Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes (AK) 

Herr Franken, es gibt einige politische Stimmen, die den Dritten Weg anzweifeln. Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile und Chancen des Dritten Weges der Caritas? 

Wo fange ich da an? Es gäbe eine Menge zum Dritten Weg aufzuzählen. Zunächst einmal ist der Dritte Weg ein Konsensmodell, d.h. Konflikte werden nicht mit Streik und Aussperrung, sondern im Wege von Verhandlungen, dem Ausgleichen von Interessen - also im Konsens entschieden. Nicht nur im Dritten Weg, sondern auch an anderer Stelle - etwa in der Chemischen Industrie - hat sich gezeigt, dass Interessensgegensätze sehr wohl im Konsens gelöst werden können. Diese Art des Streitens halte ich für effizient und kostenbewusst.

Außerdem besitzt der Dritte Weg eine starke Bindungswirkung. Alle katholischen Träger verpflichten sich zur Anwendung dieses Sonderwegs des kirchlichen Arbeitsrechts. Das verhindert einerseits den Wettbewerb der kirchlichen Unternehmen über die Löhne und sichert andererseits den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein hohes Lohnniveau. Dieser Gedanke ist auch auf das Mitbestimmungsrecht zu übertragen. In keiner Branche sind Belegschaften so gut organisiert wie im Dritten Weg. Der Grad an Mitarbeitervertretungen in katholischen Einrichtungen beträgt über 80 Prozent. 

Was leistet der Dritte Weg z.B. konkret für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas?

Die Caritas zahlt ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im branchenweiten Vergleich die besten Löhne. Für die Durchsetzung ihrer Interessen werden Mitarbeitende und Gewerkschaften in den Entscheidungsgremien beteiligt. Eine Zwangsschlichtung ermöglicht auch im Nichteinigungsfall die Durchsetzung wichtiger Interessen. Darüber hinaus sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen weiteren wichtigen Gremien beteiligt. Für ihre Arbeit in den Gremien sind sie freigestellt. Hauptamtliches Personal, zum Beispiel Juristen, für deren Auswahl sie selbst zuständig sind, unterstützen sie. Die betrieblichen Beteiligungsrechte sind umfassend und es gibt ein großes Schulungsangebot. 

Wie sieht es aus mit der Berechtigung des Dritten Weges gegenüber dem Zweiten Weg?

In meinen Augen ist der Dritte Weg ein ausgereiftes, faires und erfolgreiches Modell. Die Arbeitsbedingungen werden paritätisch ausgehandelt und die Ergebnisse sind nicht nur wettbewerbsfähig, sondern beachtenswert. Daher verdient dieses Modell die Anerkennung, dem Tarifvertragsmodell gleichgestellt zu werden. Dies bleibt dem Dritten Weg bis zum heutigen Tag leider versagt. Das ist schade, denn auch dem Tarifvertrag nutzt es, wenn ein anderes System existiert. Konkurrenz belebt das Geschäft. Aber das ältere und auch länderübergreifende System des Tarifvertrags genießt bei Politik und vor Gericht das größere Vertrauen. Die Argumente, die von dort zur Verteidigung des Tarifvertrags oder gegen den Dritten Weg vorgetragen werden, sind aber nicht sonderlich überzeugend. 

...und wie überlebensfähig oder auch zukunftsfähig ist der Dritte Weg? 

Na so labil und sterbend ist der Dritte Weg nicht. Der Dritte Weg existiert schon sehr lange und hat sich im schnelllebigen Arbeitsrecht als überaus anpassungs- und leistungsfähig gezeigt. Kirchliche Einrichtungen sind attraktive Arbeitgeber. Die Löhne sind hoch und die Altersversorgung ist herausragend. Über die Größe und Trägheit der Gremien wird viel Kritik geübt. Doch die Ergebnisse sind im Vergleich zu anderen in der Branche als sehr gut zu bezeichnen. Natürlich gibt es Wünsche und es ist auch noch viel Luft nach oben. Das liegt aber nicht am Dritten Weg, sondern an den vielfältigen Herausforderungen des Arbeitsrechts und der Personalpolitik. Gerade in der Sozial- und Dienstleistungsbranche sind die Umbrüche gewaltig.

Wo sehen Sie den Dritten Weg der Caritas in 10 Jahren?

Wenn ich es mir wünschen darf, dann sollte sich der Dritte Weg mehr frei schwimmen von seinen Vorbildern. Der öffentliche Dienst ist immer weniger ein Vorbild. Die freigemeinnützigen Einrichtungen haben eigene Bedingungen aber auch eigene Möglichkeiten. Hier sollte mit Selbstbewusstsein und einem gewissen Stolz für das Erreichte mehr Eigenes geschaffen und Trends gesetzt werden. Die caritativen Unternehmen sollten Gütesiegel und Zukunftsmodell sein. 

Ein Wort noch zur Rolle der AcU als Dienstgeberverband im Dritten Weg der Caritas...

Die AcU weiß um den Wert und die Möglichkeiten des Dritten Wegs. Sie will ihre Mitglieder und deren Unternehmen darin unterstützen, sich für die Zukunft gut aufzustellen. Dabei soll der Dritte Weg sinnvoll genutzt werden.

Wir danken Herrn Andreas Franken für dieses Interview.

Aktuelles

AcU-Schulung "Aktuelle Rechtsprechung im Arbeitsrecht 2021"

Jedes Jahr werden viele arbeitsrechtliche Entscheidungen getroffen. Auch für die Arbeit caritativer Unternehmen sind sie von hoher Relevanz und benötigen eine rechtssichere Beurteilung. Dafür veranstaltet die AcU auch im Jahr 2021 wieder eine Schulung zur Beobachtung und Analyse der aktuellen Rechtsprechung im Arbeitsrecht. Die Schulung dient dazu, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Überblick über aktuelle Entwicklungen mit Schwerpunkt auf den höchstrichterlichen Entscheidungen zu geben. 

Rechtsanwalt Sebastian Witt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei Bender Harrer Krevet, Bonn, wird insbesondere die praxisrelevanten Entscheidungen des BAG, der kirchlichen Arbeitsgerichte und des Europäischen Gerichtshofes und deren Auswirkungen auf das nationale Arbeitsrecht thematisieren. Darüber hinaus werden Praxisbeispiele aus dem caritativen Bereich präsentiert.

Online-Seminar "Aktuelle Rechtsprechung im Arbeitsrecht 2021" am 07.12.2021, von 09:30 bis 16:00 Uhr
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