Den Dritten Weg zukunftsfest machen
Interview mit Dr. Matthias Scholz, Vorstandsvorsitzender der AcU
Herr Dr. Scholz, welche Aspekte der aktuellen, tarifpolitischen Ziele der AcU sind aus Ihrer Sicht hervorzuheben?
Hervorheben möchte ich den Themenschwerpunkt "Den Dritten Weg zukunftsfest machen" als das tarifpolitische Ziel der AcU mit der grundsätzlichsten Bedeutung. Den Dritten Weg zukunftsfest zu machen, bedeutet ihn sowohl nach innen als auch nach außen zu stärken. Der Dritte Weg ist unserer Ansicht nach eine attraktive und zukunftsweisende Form der Tariffindung und damit der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen. Den Dritten Weg nach innen stärken heißt daher für uns, eine grundlegende Reform der kirchlichen Grundordnung anzustreben. Diese sollte von einer Anpassung an die Realitäten sowie an europäische Rechtsnormen getragen sein. Konkret bedeutet dies, zum Beispiel die Abschaffung der Loyalitätspflichten oder neben die schon bestehende Koalitionsmöglichkeit der Dienstnehmer auch eine Koalitionsmöglichkeit von Dienstgebern zu stellen.
Der Dritte Weg ist ein Zukunftsmodell, er sorgt für Befriedung und gute, innovative Arbeitsbedingungen und hat sich für die Besonderheiten von caritativen und diakonischen Unternehmen, die weit überwiegend im Sozialbereich und der Gesundheitsversorgung tätig sind, bewährt. Daher unterstützen wir alle Bemühungen, das kichliche Selbstbestimmungsrecht zu wahren und daraufhin zu arbeiten, den Dritten Weg als anerkanntes und gleichwertiges Modell der Tariffindung in Gesellschaft und Politik zu erhalten.
Einen weiteren Themenschwerpunkt beschreibt die AcU in ihren Zielen mit den Worten "AVR als attraktiven Tarif erhalten und weiterentwickeln".
Was heißt in diesem Fall weiterentwickeln? Wo sehen Sie die AVR in vier Jahren?
Ich gehe davon aus, dass wir auch in vier Jahren die AVR noch als Tarifwerk in der Caritas haben. Ich wünsche mir jedoch, eine inhaltlich erheblich andere AVR. Es sollte eine AVR sein, die deutlich übersichtlicher ist, so dass alle, die damit arbeiten, sie wieder lesen und verstehen können. Sie sollte den Realitäten und Rahmenbedingungen der modernen Arbeitswelt gerechter werden als bisher. Und insgesamt sollte diese neue AVR ein echtes Gemeinschaftswerk von Dienstgebern und Dienstnehmern sein und nicht irgendwo abgeschrieben werden.
Ist die betriebliche Altersversorgung der Caritas weiterhin ein Thema für die AcU?
Ja natürlich, der dritte Themenschwerpunkt in den tarifpolitischen Zielen lautet daher "Betriebliche Altersversorgung reformieren und sichern". Die AcU setzt sich für eine attraktive, aber auch langfristig sicher finanzierte Altersversorgung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas ein. Daher fordert sie seit längerem eine Reform des Leistungsrechts der betrieblichen Altersversorgung im Bereich der Caritas. Eine weitere Forderung der AcU ist es, aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen, das System der betrieblichen Altersversorgung der Caritas von der Altersversorgung des öffentlichen Dienstes zu entkoppeln. Die betriebliche Altersversorgung reformieren und sichern ist aus meiner Sicht ein sehr eiliges Ziel.
Aktuell ist das kirchliche Arbeitsrecht und mit ihm der Dritte Weg stark unter Beschuss. Was antworten Sie auf Kritik am Dritten Weg?
Der Dritte Weg ist ein etabliertes Modell der tariflichen Konfliktlösung, das eigentlich für alle Unternehmen im Sozialbereich und der Gesundheitsversorgung geeignet wäre. Denn alle hier Tätigen kümmern sich um die Schwächsten in unserer Gesellschaft, nämlich Hilfs- und Schutzbedürftige und Kranke. Durch das konsensorientierte Konfliktlösungsmodell mit einer verbindlichen Schlichtung wird deren Bedürfnissen angemessen Rechnung getragen.
Zum Abschluss möchte ich sagen, die aktuellen, tarifpolitischen Ziele der AcU sind unsere strategische Zielrichtung für die kommenden vier Jahre. Wir laden alle ein, mit uns zusammen daran mitzuwirken.
Wir danken Dr. Matthias Scholz für dieses Interview.