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AcU-Newsletter 03/2022 (Oktober 2022)

Im Interview

Gesetzgebungsverfahren im kirchlichen Arbeitsrecht

Interview mit Dr. Martin Fuhrmann, Leitung Abteilung Recht beim Verband der Diözesen Deutschlands (VDD)
 

Herr Dr. Fuhrmann, die Ordnung über das Zustandekommen von arbeitsrechtlichen Regelungen auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz ist am 01.09.2022 in Kraft getreten. Welche Ziele werden mit dieser Ordnung verfolgt?

Seit mehreren Jahren wird von verschiedenen Akteuren im kirchlichen Dienst moniert, dass die Art und Weise des Zustandekommens von arbeitsrechtlichen Rechtstexten im kirchlichen Bereich nicht hinreichend klar geregelt sei. Im Gegensatz zum Dritten Weg, in dem Dienstgeber und Dienstnehmer gleichberechtigt an der Ausgestaltung der Arbeitsvertragsbedingungen beteiligt werden, und der unabhängigen Rechtsprechung durch die kichrlichen Arbeitsgerichte fehlt es  - so die Kritiker - auf der legislativen Ebene an einem verbindlichen und transparenten Verfahren, das sicherstellt, dass die relevanten kirchlichen Anspruchsgruppen in einem Gesetzgebungsverfahren ausreichend Gehör finden können. So war bislang zum Beispiel nicht geklärt, wer unter welchen Voraussetzungen Gesetzgebungsinitiativen auf dem Gebiet des kirchlichen Arbeitsrechts ergreifen kann, wie mit einzelnen Änderungswünschen zu verfahren ist, wer an der Erarbeitung der Regelungsentwürfe mitwirken darf und wer die Möglichkeit erhalten soll, Stellungnahmen zu vorliegenden Entwürfen abzugeben. Die nun verabschiedete Ordnung soll hier Abhilfe leisten. Sie verfolgt das Ziel, ein transparentes und rechtssicheres Verfahren zum Zustandekommen von Normtexten auf dem Gebiet des kirchlichen Arbeitsrechts festzulegen. Die Ordnung legt nun verbindlich fest:

  • wem ein Initiativrecht zum Erlass oder zur Änderung eines arbeitsrechtlichen Normtextes zukommt (§ 5),
  • wie mit dieser Gesetzgebungsinitiative umzugehen ist (§ 6),
  • wer für die Erarbeitung der Regelungsentwürfe für die Entscheidungsgremien zuständig ist (§ 7) und in welchem Verfahren dies zu erfolgen hat (§§ 8 bis 11),
  • welchen kirchlichen Institutionen die Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen eines Anhörungsverfahrens einzuräumen ist (§ 13) und wie dieses Anhörungsverfahren im Einzelnen ausgestaltet ist, 
  • wie mit den eingehenden Stellungnahmen zu verfahren ist (§ 15) und 
  • wie Normtexte in dringenden, nicht vorhersehbaren Situationen geändert oder erlassen werden können (§ 16).

Welche Gesetze fallen unter diese Ordnung?
Die Ordnung erfasst alle arbeitsrechtlichen Normtexte, die duch die Deutsche Bischofskonferenz oder den Verband der Diözesen Deutschlands beschlossen werden. Andere Rechtsgebiete sind hiervon nicht betroffen. Die Ordnung gilt auch nicht für diözesanrechtliche Regelungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Die Ordnung bezieht sich auf Normtexte unterschiedlicher Rechtsqualität; sie erstreckt sich auf Partikulargesetze der Bischofskonferenz gem. can. 455 CIC (z.B. die Kirchliche Arbeitsgerichtsordnung), auf Gesetzgebungsempfehlungen des Verbandes in Form von Muster- oder Rahmenordnungen, die der diözesanen Inkraftsetzung bedürfen (z.B. die Grundordnung, Rahmen-MAVO, Rahmen-KODA-Ordnung) sowie auf einzelne Regelungen in Normtexten, soweit sie arbeitsrechtliche Inhalte zum Gegenstand haben und das Rechte- und Pflichtenverhältnis der Beschäftigten im kirchlichen Dienst betreffen (z.B. einzelne Normen in den Interventions- oder Präventionsordnungen).

Sicherlich auch die nächste MAVO-Novelle. Welche Themen sehen Sie bei dieser Novelle auf der Tagesordnung?
Ich rechne damit, dass in nächster Zeit eine Gesetzgebungsinitiative der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (BAG-MAV) zu einer grundlegenden Reform der Rahmen-MAVO gestartet wird. Wenn diese Reform angepackt wird, wird es sicher auch von der Dienstgeberseite und von den anderen Beteilgten Änderungswünsche im Mitarbeitervertretungsrecht geben. Hier bleibt es abzuwarten, welche Änderungsbedarfe aus der Praxis angemeldet werden. Aus meiner Sicht muss unbedingt über die Digialisierung der MAV-Arbeit diskutiert werden. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die derzeitigen Instrumente der MAVO auf die analoge Welt zugeschnitten sind, was nicht mehr zeitgemäß ist.

Welche weiteren Gesetzgebungsverfahren erwarten Sie in absehbarer Zeit?
Wir sind derzeit dabei, drei Gesetzgebungsvorhaben, an denen schon seit längerer Zeit gearbeitet wird, zu finalisieren. Neben der Reform der Grundordnung liegt ein neuer Entwurf der Zentral-KODA-Ordnung vor sowie eine Musterschlichtungsordnung, die das bisherige Schlichtungsverfahren im Bereich der verfassten Kirche und der Caritas umgestalten soll. Diese Ordnungsentwürfe sollen nach der derzeitigen Planung Ende November der Vollsammlung des VDD, dem alle Diözesanbischöfe angehören, zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden. Im nächsten Jahr werden wir uns wahrscheinlich mit der Novelle der Rahmen-MAVO befassen müssen. Ob auch eine Reform des kirchlichen Beschäftigtendatenschutzrechts ansteht, kann derzeit nicht abschließend beantwortet werden. Hier könnte aber ggf. kurzfristig ebenfalls ein Handlungsbedarf bestehen.

Wir danken Dr. Martin Fuhrmann für dieses Interview.

Aktuelles

Mehr als 9.000 Ausbildungsplätze in der Pflege

Zum 01.10.2022 begann das neue Ausbildungsjahr in die Pflege. Ein wichtiges Datum auch für alle Mitglieder der AcU, die sich stark in der Ausbildung neuer Pflegekräfte engagieren. Die aktuelle Datenabfrage der AcU belegt: Die Mitglieder der AcU beschäftigen mehr als 9.000 Auszubildende in der Pflege und bieten ihnen gute Rahmenbedingungen mit der sehr guten Ausbildungsvergütung nach AVR-Caritas. Rund 3.000 weitere Ausbildungsplätze bieten die Mitglieder der AcU in anderen Fachbereichen an, z.B. in der Heilerziehungspflege, im kaufmännischen Bereich oder in medizinischen Berufen. Die ganze Presseinformation ist auf der Homepage der AcU eingestellt.

AcU-Presseinformation vom 04.10.2022: AcU-Mitglieder bieten in ihren Einrichtungen mehr als 9.000 Ausbildungsplätze in der Pflege an

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